Es hätte so schön sein können. Das war es auch. Fünf Jahre lang. Fünf Jahre, in welchen du mit Manon verheiratet gewesen bist. Sicher, irgendwie bist du es gerade auch noch, selbst wenn das Scheidungsverfahren im Augenblick immer noch läuft und du dabei zusehen kannst, wie Manon dir noch nicht einmal ins Gesicht blicken kann. Sie will es nicht mehr. Du merkst, wie ihre Stimme bricht, wann immer sie etwas zu sagen hat, weil es sie ehrlich getroffen hat. Man kann sagen, was man will: für dich und Manon war diese Ehe nicht einfach nur ein Bündnis, das sowohl dir, als auch ihr zu einer durchaus guten Karriere verholfen hat, nein, es war tatsächlich Liebe. Ganz gleich, wie sehr man dich und sie dafür belächelt hat, der Altersunterschied, der nach wie vor noch beträchtlich ist, für viele der Grund überhaupt war, um euch beide hinter vorgehaltener Hand noch ein wenig mehr zu beurteilen. Dabei war dir das alles nie wichtig. Manon und du, ihr habt funktioniert. Sie war schön an deiner Seite, immer dann, wenn du in deine politische Rolle schlüpfst. Eine Rolle, die du perfektioniert hast, weil es dir so viel mehr weiterhalf, als du persönlich jemals geglaubt hättest. Himmel, du hast ein Schauspiel gespielt. Jahrelang. Und es hat sich gut angefühlt. Gut, weil du dir deiner Macht bewusst geworden bist, die man in der richtigen Position mit sich bringt. Du hast es genossen und deine Macht ausgebaut. Menschen kennengelernt, die dir ein Sprungbrett waren und solche, die dir moralisch graue Angebote gemacht haben und du deine Kontakte spielen hast lassen.

Und jetzt, jetzt sitzt sie hier. In diesem Gerichtssaal und kann dich noch nicht einmal mehr ansehen. Dabei weiß sie noch nicht einmal, was diese Scheidung für sie bedeuten wird. Mit der Scheidung, die sie selbst eingeleitet hat, weil sie der Polizei eher glauben möchte als dir. Dir, der ihr versichert hat, niemals Geheimnisse vor ihr zu haben und du es doch getan hast. Wer hätte seiner Frau auch gesagt, dass er in Menschenhandel involviert ist? Du ganz sicherlich nicht. Schade aber auch, dass dich das bisschen weiße Pulver in deinem Kofferraum früher oder später dann mit dieser Wahrheit konfrontiert hat. Und auch Manon. Manon, die dich von sich gestoßen hat. Manon, die nicht mehr auf deiner Seite steht und damit unbewusst den wohl größten Fehler ihres Lebens begangen hat. Du weißt es, ob sie es weiß, das kannst du nicht beantworten. Dabei ist es schade um ihr so schönes Gesicht. Irgendwann muss auch sie mit den Konsequenzen rechnen und sich bewusst werden, dass sie nicht nur dich mit einer Aussage hinter Gitter befördern könnte, sondern einen ganzen Ring an Menschen gegen sich aufhetzen sollte. Andere säßen an deiner Stelle längst in Untersuchungshaft, du nicht. Deinen Anwälten sei Dank, die dafür gesorgt haben, dass du gegen Kaution immer noch den Geruch der Freiheit schnuppern kannst. Noch. Eigentlich hast du dich damit abgefunden, für eine gewisse Zeit ins Kittchen zu gehen, aber andererseits sind die Prognosen deiner Anwälte nicht gerade schlecht. Mehr als ein paar E-Mails, die man durchaus als kompromittierend ansehen könnte, die gibt es nicht. Es bleibt abzuwarten, wie Justizia dich zu richten wissen wird.

Stattdessen weißt du von all den Dingen, die mit der Französin geplant sind. Weißt, dass vor nicht einmal zwei Wochen der Porsche deiner Noch-Frau zu Schrott gefahren wurde und sie - leider - überlebt hat. Du weißt, dass man sie beobachtet, ihr Angst machen möchte, um sie dazu zu bringen, nicht gegen dich auszusagen. Auch du bleibst nicht untätig. Hast mehr als einmal versucht sie zu erreichen, hast ihr geheuchelt reuige Nachrichten hinterlassen, ihr sogar Blumen schicken lassen. Nach Hause, in das Büro. Denn ja, so sehr du sie im Moment auch gerne eigenhändig vor einen Zug befördern möchtest, da liebst du sie immer noch und du weißt, dass sie es auch tut und es noch eine ganze Weile tun wird.